Healthcare, Interview

Leidensdruck im Gesundheitswesen zu gering, Gerrit Schick im Interview

Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen hinkt internationalen Standards hinterher. Laut Thomas Schick, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Gesundheits-IT – bvitg e.V., fehlt es nicht an Erkenntnis, sondern an Umsetzung.

Gerrit Schick besitzt langjährige Erfahrung in der IT- und Gesundheitsbranche. Er begann seine Karriere bei Hewlett Packard und war über 25 Jahre in verschiedenen Managementfunktionen bei Philips in Deutschland und den USA tätig. Dort war er zuletzt als Head of Health Informatics für den Ausbau der Geschäftsbereiche für IT-Lösungen in der DACH-Region verantwortlich. Seit September 2019 ist er Mitglied im Vorstand des bvitg und seit 2022 Geschäftsführer der CHERRY Digital Health GmbH.

Im Interview mit Cyforwards-Geschäftsführer Benjamin Wittekind (Zum Linkedin-Profil) gibt der Experte Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und seine Empfehlungen für die Modernisierung, inklusive der entscheidenden Rolle von KI für die Zukunft des Gesundheitssystems.


Herr Schick, wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems?

Wir liegen in Deutschland in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens weit hinter den Möglichkeiten aber auch im internationalen Vergleich weit hinter anderen Ländern.

Das ist erkannt und alle Beteiligten versuchen die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen nach vorne zu treiben, um den zusätzlichen Digitalisierungsnutzen in Administration, aber auch Diagnostik und Therapie zu erschließen.

Woran hapert es aktuell bei der Modernisierung?

Wir haben seit vielen Jahren kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit.

Neben einer jahrelangen Unterfinanzierung von IT- und Digitalisierungslösungen, ist der Leidensdruck nie hoch genug gewesen.

Hier ist das Gute der größte Feind des Besseren: Unser analog ziemlich gut funktionierendes System lässt viele Beteiligte ohne Not auf diesem Stand verharren.

Was wären Ihre ersten Schritte, wenn Sie Gesundheitsminister wären?

  1. Digitalisierung würde zum führenden Querschnittsthema im Ministerium erhoben und damit eine zwingende Koordination zwischen allen Abteilungen etabliert.
  2. Die Digitalagentur würde mit zusätzlichem Know-how und Kompetenzen ausgestattet und alle spezifizierenden Verantwortlichkeiten unter Verwendung internationaler Standards würden dort konzentriert und an anderen Stellen beendet.
  3. Einen Strategieprozess aufsetzen, der Deutschland von seiner sektoralen, fallorientierten Vergütungsstruktur, zu einer durchgängigen, um die Patientengesundheit incentivierten Vergütung überführt (Value Based Healthcare) – Digitalisierung ist hierfür der entscheidende Enabler.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei den Beteiligten dabei?

Verschiedene Beteiligten müssten heute Verantwortlichkeiten aufgeben, es würde deutlich mehr Transparenz mit all den daraus entstehenden Konsequenzen entstehen.

Welche Rolle kann abschließend KI für die Modernisierung des Gesundheitssystems spielen?

Eine ganz entscheidende Rolle. KI im Gesundheitswesen wird wahrscheinlich das disruptivste Werkzeug in der Geschichte der Medizin sein.

Allerdings müssen wir die Grundlage dafür schaffen: das sind verfügbare strukturierte Daten. Nur so kann KI schnell und effizient trainiert werden.

Herr Schick, ich danke Ihnen herzlich für unser Gespräch.



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Über Cyforwards:
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Bild: eigenes

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